OKT. 2023, AUSGABE 5
„Der Wille zum Frieden setzt die Bereitschaft zur Friedfertigkeit beim Einzelnen voraus”
Frederic Lionel
Geistesblitz der Woche
Ist Friedfertigkeit in der heutigen Gesellschaft noch eine Tugend? Oft wird uns ja vermittelt, dass nur Härte, Unnachgiebigkeit und Brutalität zählen. Der Preis dafür ist aber enorm hoch. Wir können uns auch nicht über uneinsichtige Kriegsparteien am Verhandlungstisch einer Friedensmission wundern, wenn wir in unserem kleinen Leben Konflikte oft über Jahre hinziehen. Manche Fehden tragen nichtige Streitigkeiten über Generationen – es wird nicht brutal gemordet wie in einem Krieg, aber tiefe Wunden gibt es trotzdem. Friedfertigkeit heißt nicht Konfliktverdrängung – Meinungsverschiedenheiten wird es und soll es geben. Friedfertigkeit bedeutet aber, dass wir anderen entgegengehen und ihrem Handeln nicht automatisch Böswilligkeit unterstellen. Mag es auch einige Soziopath:innen geben; im Regelfall sind nicht die Menschen böse, sondern ihre Taten. Sie handeln schlecht, weil sie überfordert sind, sich unverstanden und ungeliebt fühlen, und weil sie keine Gelegenheit hatten, charakterlich zu reifen. Das soll kein Freibrief für verantwortungsloses Handeln sein, aber doch eine Erinnerung, dass nicht hinter jedem Missgeschick und Missverständnis böser Wille stecken muss. Lassen wir im Zweifel die Waffen liegen und suchen wir das Gespräch!
Copyright: Original-Leitspruch-Tages-Kalender, Ausgabe 1998