OKT. 2023, AUSGABE 4
Alles in der Welt ist merkwürdig und wunderbar für ein paar wohlgeöffnete Augen
José Ortega y Gasset
Muntermacher
Eine Brille zu tragen ist mittlerweile normal. Und das schon bei Kindern. Dass aber eine Brille eine Prothese ist, kommt uns kaum mehr in den Sinn. Die Schulmedizin behauptet nach wie vor, dass eine Verschlechterung des Sehens in der Regel nicht rückgängig zu machen ist. PatientInnen, die sich der ganzheitlichen Medizin anvertrauen, machen andere Erfahrungen.
Der US-amerikanische Augenspezialist William Bates (1860-1931) fand 1920 heraus, dass Untersuchungen an verschiedenen Tagen zu unterschiedlichen Ergebnissen führten. So begann er zu erforschen, wie es dazu kommen konnte (Müdigkeit, psychische Situation) und entwickelte Übungen, mit denen er sich selbst von Altersweitsichtigkeit heilte. Einer der bekanntesten Praktiker der „Bates-Methode“ war der Schriftsteller Aldous Huxley, der fast blind war und durch die Übungen von Dr. Bates seine Sehkraft zurückerlangte.
Nur 20 Prozent des Sehvorgangs findet im optischen Apparat (Linse, Augapfel, Netzhaut, Augenmuskeln) statt. 80 Prozent unseres Sehens wird vom Gehirn geleistet. Deshalb setzt ganzheitliches Sehtraining nicht nur auf Entspannung und Belebung der Augen, sondern widmet sich auch allen Faktoren, die insgesamt zu mehr Gesundheit und damit besseren Hirnleistungen führen. Alle Menschen, die heute Bildschirmarbeit leisten und/oder viel fernsehen, sollten aber auf jeden Fall
Augenübungen in ihren Alltag einbauen. Bei der heute üblichen Belastung ist das so notwendig wie tägliches Zähneputzen.
Beim natürlichen Sehen wechselt der Blick ständig zwischen nah, fern, hell, dunkel, Gesamtbild, Detail, zweidimensional, dreidimensional hin und her. Dagegen ist das Sehen am Bildschirm sehr einseitig: Blick nur in die Nähe mit einem eingeschränkten Blickfeld, auf Details ausgerichtet, zweidimensional. Die Anforderungen der Bildschirmtätigkeit stimmen nicht mit dem Bedürfnis der Augen nach Bewegung und Abwechselung überein. Bildschirmarbeit bedeutet tatsächlich Schwerstarbeit für die Augen.
Besser sehen ohne Brille
Unter diesem Titel veröffentlichte Bates 1919 ein Buch. Es beschreibt die Hintergründe von Fehlsichtigkeit und erklärt die Methode, mit deren Hilfe man seine Augenprobleme bessern oder heilen kann. Nach Bates entsteht ein klares Sehen immer durch ein fehlerfreies Zusammenspiel von Körper, Geist und Psyche. Er fand heraus, dass Sehen sehr variabel ist und ausgesprochen stark von geistigen Anstrengungen und Emotionen beeinflusst wird. Im Guten wie im Schlechten. Das alles wirkt sich nach Bates letztendlich auf die Augenmuskulatur aus. Sie müsste deshalb regelmäßig trainiert werden.
Einige klassische Übungen
Beginnen Sie das Training mit einer allgemeinen Entspannungsübung, um den Körper aufnahmebereit für Reize von außen und innen zu machen.
Stellen Sie sich aufrecht hin, die Beine leicht gegrätscht, und drehen Sie den Oberkörper ganz langsam in der Hüfte mehrmals nach links und rechts. Lassen Sie den Blick mit der Bewegung des Oberkörpers über die Gegenstände des Raumes schweifen. Nehmen Sie einen nach dem anderen bewusst wahr. Nach etwa drei Minuten wieder stillstehen und gleichmäßig atmen. Dabei die Augen schließen. Trainieren Sie die ersten Male in Ruhe zu Hause, und zwar täglich, eventuell auch mehrmals am Tag. Versuchen Sie bitte nicht, die Augenübungen wie ein Arbeitspensum zu bewältigen – das führt nur zu weiteren Verspannungen. Manchmal dauert es auch einige Zeit, bis sie überhaupt gelingen. Wenn Sie spüren, dass das Training Entspannung bringt, können Sie die einzelnen Übungen auch überall zwischendurch ausführen – immer dann, wenn Sie eine Erholungspause für Augen, Körper und Geist brauchen.
Palmieren
Reiben Sie die Handflächen aneinander und legen sie die Hände dann über die geschlossenen Augen. Berühren Sie die Augen dabei nicht. Durch das Abdunkeln können sich die Augen erholen – die Sehzellen regenerieren sich. Führen Sie die Übung mehrmals täglich durch. Dauer: 10 Minuten.
Rastloses Blicken
Schauen Sie sich um. Lassen Sie den Blick schweifen. Aber ohne Anstrengung. Erfassen Sie Ihre Umgebung mühelos, ohne einen Punkt zu fixieren. Üben Sie mehrmals täglich.
Nah- und Fern-Sehen
Suchen Sie sich einen Gegenstand in unmittelbarer Nähe (10-20 Zentimeter) und einen Gegenstand in einiger Entfernung. Fixieren Sie abwechselnd beide Gegenstände. Zwinkern Sie zwischendurch. Wiederholen Sie das Ganze zehnmal. Bauen Sie diese Übung in kleine Pausen ein.
Zwinkern
Zwinkern Sie aller fünf bis zehn Sekunden. Das hält die Augen feucht. Wichtig ist das vor allem bei Menschen, die sehr konzentriert auf einen Bildschirm schauen. Dabei wird das Zwinkern vergessen – das Auge wird trocken und kann sich entzünden.
Copyright: Original-Leitspruch-Schritt-für-Schritt-Kalender, Ausgabe 2006